SCHWERPUNKTTHEMA: TRÄUME

Kirche der Zukunft:Traum oder Albtraum?

Dass immer mehr Gemeinden fusionieren müssen, ist ein sichtbares Zeichen einer unumkehrbaren Entwicklung innerhalb der Kirchen, der Katholischen wie der Evangelischen. Die fetten Jahre sind vorbei, und damit auch die Zeit der Bequemlichkeit, in der man sich vielerorts eingerichtet hatte.

 

Noch ist ein guter Zeitpunkt, um kreativ über Kursänderungen nachzudenken – solange noch Menschen in den Gottesdienst kommen, solange noch junge Leute konfirmiert werden. Es ist in der Evangelischen Kirche viel darüber diskutiert und geschrieben worden, wohin die Reise gehen könnte: Könnte es nicht thematische Kirchen statt oder ergänzend zu den Parochialgemeinden geben: eine Kirche der Stille, eine Kirche der Vielfalt, eine Kirche der Experimente? Soll es überhaupt beim regelmäßigen Sonntagsgottesdienst bleiben oder nicht flexiblere gottesdienstliche Angebote geben? Wie können Gemeinden professioneller werden bei Internet und Social Media? Wie muss sich die Gottesdienstsprache ändern, damit sie noch verstanden wird? Welche Angebote sind wirklich noch wichtig, und welche Zöpfe dürfen abgeschnitten werden?

Das sind wichtige Fragen, und auch in unserer Gemeinde muss darüber gesprochen werden. Mich hat ein Buch aber besonders inspiriert, das sich den Zukunftsfragen in ganz anderer Weise zuwendet: „Ich träume von einer Kirche der Hoffnung“ von Monika Renz. Sie beschäftigt sich nicht mit Strukturfragen, sondern sie geht in den Kern des Glaubens und fragt: Wie kann Kirche sich (endlich) hinbewegen zum unmittelbaren Gott? Wie können Menschen berührt, ergriffen und auf neue Weise offen werden für Wandlung? Monika Renz erinnert daran, dass das emotionale Geschehen in den Vordergrund rücken muss, die Ebene des Wortes kann dann folgen. Sie plädiert für eine mystische Kirche, die der Spur des mystischen Jesus folgt, und die Menschen hilft, das Angeschlossensein an Gott zu erfahren. Die Zukunft liegt, so die Theologin und Sterbeforscherin, in einer Kirche, „die persönlich berührt“. Vielleicht ist dies ein guter Ausgangspunkt, auch für die notwendigen Diskussionen in unserer Gemeinde: nicht krampfhaft festhalten am Bisherigen, sondern fragen, was Menschen heute und vor allem in der Zukunft brauchen, um von Kirche persönlich berührt zu werden. Möglicherweise kommen dann ganz neue Ideen in den Blick.

 

Veronika Kabis

28.11.2024