Angedacht

...von Pfarrer Joachim Wörner

All you need is love! - Alles was du brauchst, ist Liebe

 

So heißt es in einem Lied der Beatles aus dem Jahr 1967. Dem kann ich voll und ganz zustimmen. Denn obgleich diese Worte so nicht in der Bibel stehen, könnten sie doch als Zusammenfassung der biblischen Botschaft gelten. Jesus selbst sieht im Doppelgebot der Liebe die Erfüllung der Gebote (Matthäus 22,36-39). Für Paulus ist die Liebe noch wichtiger als Glaube und Hoffnung (1. Korinther 13,13). Und an anderer Stelle heißt es pointiert: "Gott ist die Liebe. Wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott in ihm" (1. Johannes 4,16). Dieser letzte Vers betont, dass Gott selbst die Verkörperung der Liebe ist, und dass diejenigen, die in der Liebe leben, in enger Verbindung mit Gott stehen. Die Liebe ist die Kraft, die unserem Leben Halt, Geborgenheit, Freude gibt.

 

Ist also alles in bester Ordnung? Nein. Liebe ist deshalb ein zentrales Thema in der Bibel, weil es davon zu wenig in der Welt gibt. Mit einer Mischung aus Trauer, Entsetzen und Hilflosigkeit schauen wir auf die großen Konflikte, die derzeit das Leben unzähliger Menschen in der Ukraine, in Armenien, in Israel und dem Gaza zur Hölle machen. Auch andere Herausforderungen führen uns vor Augen, wie leicht die Liebe in unserer Welt unter die Räder gerät, wie unter uns Lieblosigkeit regiert, wie ein Nicht-verstehen-wollen oder -können unsere Beziehungen beherrscht. Deshalb müssen wir uns immer wieder neu für die Liebe entscheiden und unser Denken und Handeln von Gottes Liebe bestimmen lassen.

 

Der Advent erinnert uns jedes Jahr neu, dass Gott sich aus Liebe entschieden hat, ein Mensch zu werden. In Jesus Christus stellt sich der Ewige den Herausforderungen und Schwierigkeiten unserer Welt. Bei ihm lernen wir, dass Liebe alles andere als einfach oder unkompliziert ist, dass sie vielmehr oft mit Hindernissen, Missverständnissen und Kompromissen verbunden ist. Wahre Liebe erfordert Anstrengungen, um über Grenzen hinwegzukommen und gemeinsam stark zu bleiben. Zugleich ist sie der einzige Weg, um aus dem Teufelskreis der Gewalt auszubrechen. Wer das begreift, dem erschließt sich der tiefe Sinn der bekannten Worte: "Denn also hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, auf dass alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben." (Johannes 3,16)

Pfarrer Joachim Wörner

02.12.2023